Hoffnung
Und dräut der Winter noch so sehr mit trotzigen Gebärden,
Und streut er Eis und Schnee umher, es muss doch Frühling werden.
Und drängen die Nebel sich noch so dicht vor den Blick der Sonne,
So wecket doch mit ihrem Licht einmal die Welt zur Wonne.
Blast nur ihr Stürme, blast nur mit Macht, Mir soll darob nicht bangen,
Auf leisen Sohlen über Nacht kommt doch der Lenz gegangen.
Da wacht die Erde grünend auf, weiß nicht, wie ihr geschehen,
Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf, und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar, und schmückt sich mit Rosen und Ähren,
Und läßt die Brünnlein rieseln klar, als wären es Freudenzähren.
Drum still! Und wie es frieren mag, O Herz, gib dich zufrieden;
Es ist ein große Maientag der ganzen Welt beschieden.
Und wenn Dir oft auch bangt und graut, als sei die Höll' auf Erden,
Nur unverzagt auf Gott vertraut!: Es muss doch Frühling werden.
EMMANUEL GEIBEL