Beim Zwiegespräch handelt es sich um ein einfaches Format, das festen Regeln folgt: Ein regelmäßig stattfindendes Paargespräch mit einer festgelegten Dauer (1h/1,5h), was zu einer festen Zeit in einer ungestörten Umgebung stattfindet. Ziel des Gesprächskonzepts ist es, die Wirklichkeit des Gegenübers mit allem, was dazugehört, kennenzulernen.
Durch das Zwiegespräch lernen Paare:
- Sich selbst und den anderen besser kennenzulernen
- Von sich selbst zu sprechen
- Dem anderen zuzuhören
- Sich Zeit füreinander zu nehmen
- Kritik zu hören, ohne direkt defensiv zu reagieren
- Eigene Bedürfnisse wahrzunehmen
- Die eigenen Bedürfnisse und die des Gegenübers gleichwertig zu respektieren
- Sich einander zuzuwenden
- Selbstbewusster zu werden
Der konkrete Ablauf eines Zwiegesprächs
- Vereinbaren Sie gemeinsam einen regelmäßigen Termin von 1-1,5 Stunden pro Woche/14Tage.
Für viele Paare funktioniert ein fester Termin. Sprechen Sie eventuell auch über einen Ausweichtermin, sollten einmal unerwartete Ereignisse dazwischenkommen. - Beginnen sie pünktlich und hören sie auch pünktlich wieder auf.
Verlängern oder verkürzen sie weder die Zeiträume des Teilens, noch die Dauer des gesamten Gesprächs. - Verschieben Sie es nur, wenn das unbedingt nötig ist und unvermeidbar.
- Setzen Sie sich im Zwiegespräch von Angesicht zu Angesicht gegenüber und machen Sie es sich bequem.
- Sorgen Sie dafür, dass Sie während der gesamten Zeit ungestört sind und es keine Unterbrechungen gibt.
- Entscheiden Sie, wer mit seiner Mitteilung beginnt und nehmen Sie sich Zeit. Der andere hört in dieser Zeit ausschließlich zu, ohne etwas zu sagen (man kann sich aber Notizen machen). Dann wechseln Sie die Rolle. Jeder hat dabei 3x10 oder 3x15 Minuten Zeit.
- Das Thema des gesamten Gesprächs lautet: Ich erzähle dir, was mich zurzeit am meisten bewegt - sowohl innerhalb als auch außerhalb der Beziehung.
- Es ist ok zu schweigen. Es gibt keinen Zwang die Zeit zum Sprechen zu nutzen. Sie kann auch in Stille verbracht werden.
- Bleiben Sie beim Teilen bei sich selbst und halten Sie sich aus der Welt des Gegenübers raus. Unterbrechen Sie den anderen nicht.
- Nutzen Sie Bildersprache. Erläutern Sie klare, konkret erlebte Situationen.
Keine Abstriche im Zwiegespräch
Bereits bei der Festlegung eines Termins ist es besonders wichtig, dass dieser für beide funktioniert und nicht ein Partner das Gefühl hat, wegen des Gesprächs auf etwas, das ihm/ihr wichtig ist, verzichten und Abstiche machen zu müssen. Das kann bereits im Vorhinein zu Schwierigkeiten und einem Gefühl von Ungerechtigkeit führen.
Nur über die eigene Realität zu berichten ist wichtig!
Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt im Inhalt der Gespräche. Beide beschäftigen sich mit der Frage, was sie selbst zurzeit beschäftigt und bewegt. Dabei ist es essentiell, sich sowohl als Teilende/r als auch als Zuhörer/in bewusst zu machen, dass das Geteilte nicht einer objektiven Realität entspricht und es, falls diese existiert, auch nicht darum geht. Es geht darum das eigene Erleben zu kommunizieren. Dies mag sich teilweise sehr vom Erleben Ihres Partners/Ihrer Partnerin unterscheiden.
Regelmässigkeit und Verbindlichkeit tragen zum Erfolg bei
Auch wenn diese Anleitung zunächst sehr strikt und vielleicht auch einengend wirken mag, hat sie bereits vielen meiner Klienten dabei geholfen ihre Beziehung um 180° zu wenden. Eine große Rolle spielt auch die Regelmäßigkeit und das Dranbleiben. Seien sie nicht entmutigt, wenn es sich anfangs befremdlich anfühlt auf diese Weise zu kommunizieren – Sie können sich sicher sein, dass eine Veränderung geschieht.
Forschung rund ums Thema Zwiegespräche & Paarbeziehungen
- In psychosomatische Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass es einen Zusammenhang zwischen der Qualität der Paarbeziehung und dem Immunsystem gibt. Die Ergebnisse der Blutbilduntersuchung von Paaren nach dem Zwiegespräch konnten eine Verbesserung relevanter Werte zeigen.
- Außerdem hängen das subjektive Wohlbefinden und der positive Affekt eines Menschen von der partnerschaftlichen Beziehung ab.
- Eine gute Partnerschaft hat weitreichende Einflüsse auf das Bindungsverhalten von Kindern. Unbewusst spiegeln sich Verhaltensmuster der elterlichen Beziehung häufig in der der Kinder wider.
- Des Weiteren konnte ein Einfluss der Paarkommunikation auf das Sexualleben von Paaren gezeigt werden. Durch das Neuenstehen oder Vertiefen von gegenseitigem Verständnis und Vertrautheit kann große Intimität und Erotik entstehen. Nicht zuletzt aus dem Grund, dass auch diese Themen im Rahmen des Zwiegesprächs besprochen werden können.
Buchempfehlung zum Thema: Die Wahrheit beginnt zu zweit: Das Paar im Gespräch
"Eigentlich wollen wir einfach glücklich sein, aber wir konnten nicht miteinander reden." Dieser Satz eines Paares, das sich trennte, ist für mich der typische Abgesang der heute allseits belasteten Beziehungen.
Gibt es überhaupt noch eine Chance für eine bessere Beziehung? Ich glaube, ja. Miteinander Reden macht glücklichere Paare. Nur wie? Der entscheidene Weg ist das wesentliche Zwiegespräch. Die in ihm enthaltenen Grundansichten aus der Psychoanalyse der Zweierbeziehung haben auch mein Paarleben tiefgreifend verändert. Ein Paar: "In den letzten drei Monaten mit Zwiegesprächen haben wir mehr voneinander erfahren als in zehn Ehejahren vorher."
Michael Lukas Moeller
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Quellen:
Moeller, M. (1997). Die Wahrheit beginnt zu zweit : das Paar im Gespräch. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt
Weerts-Eden, M. (2018). Gespräche die zu Herzen gehen: Zwiegespräche als partnerschaftliche Unterstützung bei Herzerkrankungen. https://cdn.website-editor.net/9e984ae254d24a249aa455c969478c13/files/uploaded/Gespraeche-die-zu-Herzen-gehen.pdf
Weerts-Eden, M. (2016). Überflutung: Wenn Paaren das Waaser bis zum Halse steht. https://cdn.website-editor.net/9e984ae254d24a249aa455c969478c13/files/uploaded/Ueberflutung-Wenn%20dem%20Paar%20das%20Wasser%20zum%20Halse%20steht.pdf